Das Hardliner-Konzept gewann 2009 den Dieter Baacke Preis.
(…) Auffallend ist, dass konzeptionelle Arbeit mit und über Medien und Medieninhalte, die nicht den Nimbus einer kulturellen Bedeutung mitbringen, sondern – wie Computerspiele – ignoriert oder abgelehnt werden, sehr selten zu finden sind. Das Konzept von “Hardliner” stellt hier eine bedeutsame Ausnahme dar. Es verdeutlicht, wie komplex und anspruchsvoll eine geschlechtersensible medienpädagogische Arbeit ist, welche die medialen Sozialisationserfahrungen der Beteiligten umfassend einbezieht. Medienpädagogische Arbeit zeigt sich hier als Spannungsfeld von Akzeptanz und pädagogischer Zielorientierung. Hier liegt ein enormes Potenzial, aber auch eine große Herausforderung.
aus: Renate Luca und Stefan Aufenanger. Geschlechtersensible Medienkompetenzförderung. Schriftenreihe Medienforschung der LfM. BAnd 58. Vistas (Berlin) 2007. S. 181
Das Hardliner-Konzept beabsichtigt bei Bildschirmspielern die begrenzte sinnliche Erfahrung durch authentische Erlebnisse auszugleichen, welche aus der Beschäftigung mit Computerspielen entstehen.
Die dargestellte und ausgeübte Gewaltdarstellung und -verherrlichung in Bildschirmspielen galt in der medienpädagogischen Diskussion Mitte der 80iger Jahre als ein Stein des Anstosses, Bildschirmspiele als nicht kind- und jugendgerecht einzustufen. Auch heute noch herrscht das damals geprägte Vorurteil “Computerspiele machen aggressiv” in den Köpfen der meisten Pädagogen vor. Indizierung als bewahrpädagogische Maßnahme dient zumeist als “Alibi” etwas Pädagogisches getan zu haben.
Die Alternative zur Indizierung, jegliche Programme freizugeben und sich als Pädagoge nicht mehr darum zu kümmern, erscheint allerdings auch nicht verlockend. Stattdessen sehe ich gerade hinsichtlich der Spiele mit Gewaltinhalten eine aktive, medienpädagogische Jugendarbeit als eine Art beziehungsaufbauenden, erzieherischen und “aktiven” Jugendschutz angebracht. Pädagogen, welche sich mit den Alltagsmedien der Kinder und Jugendlichen beschäftigen, erhalten nicht nur Einblick in deren Alltagswirklichkeit, sondern bemerken vielleicht auch die latente Kommunikationsbedürfnisse und -themen, welche die Beschäftigung mit indizierten Gewaltspielen verzeichnen. In diesem Sinne sehen wir im “Hardliner”-Ansatz die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen mit Gewaltspielen nicht als eine Ursache von Aggression und Gewalt an, sondern eher als ein Symptom – als ein Versuch Probleme mit und Fragestellungen zu Gewalt in unserer Gesellschaft zu bearbeiten. Der von mir entwickelte “Hardliner”-Ansatz eignet sich für die Arbeit zum Thema Gewaltprävention mit außerschulische Gruppen und als Idee für Projektwochen und Bildungsfahrten für Schulklassen.
weitere Informationen zum Hardliner-Ansatz:
Ein 3sat-Redakteur begleitete mit einem Kamerateam sehr kompetent ein Hardliner-Projekt in Torgau (Sachsen). Eingangstext auf 3sat dazu:
Das Hardliner-Projekt
Killerspiele. Immer wieder sind sie Gegenstand hitziger Diskussionen. Die Einen würden sie am liebsten komplett verbieten, die Anderen können über die Vorurteile nur müde lächeln. Fakt ist: wer wirklich will, kommt auch als Kind an Spiele heran, die nur für Erwachsene freigegeben sind. Der Pädagoge Jens Wiemken will deshalb mit seinem Hardliner-Ansatz Jugendliche zu einem verantwortungsvollen Umgang mit ihrem Alltagsmedium erziehen – indem er die gewalthaltigen Games real nachspielen lässt.
Informationen zum Dieter Baacke Preis (Das Hardliner-Projekt wurde 2009 mit dem 1. Platz ausgezeichnet)
Prof. Dr. Dieter Baacke (1934- 1999) begründete einen pädagogischen Medienkompetenzbegriff, der kreative, kritische, soziale und strukturelle Aspekte beinhaltet. Auf diesem Konzept beruht der Dieter Baacke Preis, mit dem bundesweit beispielhafte Medienprojekte mit Kindern, Jugendlichen und Familien ausgezeichnet werden. Der Dieter Baacke Preis wird gemeinsam vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und der Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK) verliehen. www.dieterbaackepreis.de